Es war das Jahr 1792, zur Zeit der »Französischen Revolution«. Goethe war in Frankreich auf Reisen und war auf dem Rückzug von der Campagne in Frankreich.
Aber es war auch keineswegs eine seiner vielen Bildungsreisen, die Goethe in die Moselregion führte. Vielmehr hatte der Dichter, »um das Kanonenfieber am eigenen Leibe zu erfahren«, wie er es selbst formulierte, an der »Kampagne in Frankreich« teilgenommen, mit der die preußische Armee im sogenannten »Ersten Koalitionskrieg« den Spuk der Französischen Revolution von 1789 ein für allemal aus Paris vertreiben wollte.
Doch der Feldzug endete nach der »Schlacht von Valmy« in einem katastrophalen Desaster: Fast ein Drittel der 60.000 Mann starken Armee starb beim Rückzug an Seuchen und Entkräftung.
Bei aller Lebensgefahr, deren sich Goethe während seiner abenteuerlichen Flucht im Ruderboot aussetzte - gemessen am traurigen Schicksal der einfachen Soldaten reiste der Dichterfürst vergleichsweise bequem von Trier nach Koblenz.
Er floh vor diesen Unruhen, die ganz Europa betrafen.
Durchgerüttelt ging es per Kutsche von Metz nach Trier. Den beschwerlichen Landweg zwischen Trier und Koblenz verkürzte er durch eine beschauliche Flussfahrt flussabwärts auf der Mosel, bis kurz vor Traben-Trarbach.
Hier geriet das Boot in einen heftigen Sturm, im dichten Nebel und in der starken Strömung des Flusses war das rettende Ufer von der Besatzung und dem Bootsführer nicht mehr auszumachen.
Schon einmal war Goethe auf seiner Italienreise (vor Capri, Mai 1787) in Seenot geraten und ist dem Tod von der Schippe gesprungen. Betroffen von der Situation dachte er an diesen Tag. In Sorge, das Ufer nicht zu erreichen, hoffte er auch dieses Mal auf eine Rettung.
Plötzlich sahen sie in der Ferne die Lichter der Ortschaft, die der aufsteigende Nebel freigab. Mit letzter Kraft ruderten sie, unversehrt, aber durchnässt erreichten sie das Ufer von Trarbach.
Als er sich vom Schrecken des Sturms erholt hatte, war er als Gast bei der Kaufmannfamilie Böcking eingeladen, es gab Huhn und Reis und natürlich den schmackhaften Moselriesling, der dazu beitrug, den drohenden nassen Tod schnell zu vergessen.
Am »Haus Böcking« erinnert heute eine Gedenktafel an »Goethes Sturmfahrt« - Mit den Worten: »Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss« [Faust]
Über den Wein äußerte sich Goethe: »Auf schikanösem, gebirgigem Terrain bauen die Winzer hier ihre Reben an.«
Achtung und Wertschätzung für die Arbeit und Mühen der Winzer in den Steilhängen der Mosel sprechen aus den Zeilen des berühmten deutschen Dichters.
Seine Reiseerlebnisse beschrieb er so:
»Es ward stockfinster; eingeengt wussten wir uns zwischen mehr oder weniger steilem Ufer, als ein Sturm, bisher schon ruckweise verkündigt, gewaltsam anhaltend hereinbrach; bald schwoll der Strom im Gegenwinde, bald wechselten abprallende Windstöße niederstürzend mit wütendem Sausen; eine Welle nach der anderen schlug über den Kahn, wir fühlten uns durchnässt.
Der Schiffmeister barg nicht seine Verlegenheit; die Not schien immer größer, je länger sie dauerte, und der Drang war aufs höchste gestiegen, als der wackere Mann versicherte, er wisse weder wo er sei, noch wohin er steuern solle. Und so wurden wir im Stockfinstern lange hin und her geworfen, bis sich endlich in der Ferne ein Licht und damit auch Hoffnung auftat...«
Wie auf hoher See, kann die Mosel ganz schön abenteuerlich sein.
Dramatischere Worte hätte Johann Wolfgang von Goethe kaum finden können, als er Jahrzehnte später seine tollkühne Moselfahrt vom 1. November 1792 beschrieb.
Mit einer lauschigen Kahntour, wie sie nur wenige Jahrzehnte später der berühmtestes englische Maler seiner Zeit, William Turner, durch das idyllische Flusstal unternehmen sollte, hatte das lebensgefährliche Abenteuer des Weimarer Geheimrates nichts zu tun.
Das Licht, das sich nach Goethes Erinnerung auf halbem Wege so hoffnungsvoll in der Ferne auftat, kam aus dem Moselstädtchen Trarbach, wo man kurz darauf anlandete. Das Haus, in dem der Dichterfürst nach seinem lebensgefährlichen Abenteuer bei dem reichen Kaufmann Ludwig Böcking freundliche Aufnahme fand, kann heute noch besichtigt werden.
Neben Goethe waren danach unter anderem auch der preußische Kronprinz und spätere König Friedrich-Wilhelm IV. sowie der französische Dichter Apollinaire Gast in der stattlichen Stadtvilla. Sie wurde um 1755 von dem reichen Kaufmann und Landeskassierer Johann Adolf Böcking nach den Plänen des herzoglichen Pfalz-Zweibrücker Oberbaurates Hauth im Stil des Trierer Barock erbaut. Seit 1955 ist in der Stadtvilla ein Kleinod unter den Museen der Moselregion untergebracht ist.
Das Mittelmosel-Museum in der »Barockvilla Böcking« präsentiert auch heute noch die großbürgerliche Wohnkultur einer wohlhabenden Patrizierfamilie des 18. und 19. Jahrhunderts und stellt damit durchaus eine Besonderheit in der rheinland-pfälzischen Museumslandschaft dar.
Quelle: wikipedia.org