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Website Thomas Abel

Die Löschemer Kapelle

Auf dem Löschemer Berg, etwa 340 m über NN bzw. 200 m über der Mosel, steht weithin sichtbar die angeblich im Jahre 1708 erbaute »Löschemer Kapelle«. Sie soll ihren Ursprung einem Einsiedler verdanken. Ansonsten ist aus dieser Zeit wenig bekannt. Im Laufe der Jahre und unter wechselnden Herrschaftsverhältnissen verfiel die Kapelle. Etwa 1840 wurde sie aus Schutt und Asche aufgebaut und erfreut sich seither wieder des Rufes eines Wallfahrtsortes. Das ganze Jahr über, aber besonders in der Fastenzeit und im Maimonat, wird sie als Wallfahrtskirche von den Gläubigen aus Wasserliesch und der Umgebung besucht.

Heute weiß man Genaueres über die Löschemer Kapelle und ihren Wiederaufbau Mitte des 19. Jahrhunderts.

So gibt das Gesuch der Beigeordneten der Gemeinde Wasserliesch vom 27. April 1846 an eine »Königliche, Hochlöbliche Regierung zu Trier« genauere Informationen. Darin bitten die Unterzeichner um Übernahme der Kosten in Höhe von 80 Taler für Kunstarbeiten bei der beabsichtigten Wiedererrichtung der Kapelle.

Im Text heißt es, »die Gemeinde besitze seit etwa 60 – 70 Jahren auf der Höhe des Berges hinter dem Dorfe eine Kapelle von frommer Stiftung herrührend, worin nicht nur die Einwohner von Wasserliesch, sondern auch jene der Umgebung wallfahrend ihr Gebet verrichteten. Sie sei seit etwa zwei Jahren ganz verfallen und die Gemeinde habe den Wunsch, diesen verehrten Wallfahrtsort wiederherzustellen.«

Das Schreiben endet mit der heute als überzogen empfundenen Höflichkeitsformel: »Eine günstige Entscheidung erflehend haben die Ehre zu sein Eure Königliche, Hochlöbliche Regierung gehorsamsten Diener.« Unterzeichnet ist es von den 24 Beigeordneten der Gemeinden Wasserliesch und Reinig sowie eines Mitunterzeichners aus der Nachbargemeinde Oberbillig.

Die Behörde lehnte die Übernahme der Kosten umgehend ab, obwohl die Antragsteller doch ehrfurchtsvoll darum gebeten und betont hatten, die Einwohner von Wasserliesch seien bereit, alle Hand und Spanndienste unentgeltlich zu leisten. Das wäre gewiss kein unbedeutendes Opfer gewesen, wenn man berücksichtigt, »dass die Kapelle auf dem höchsten Bergpunkt der Umgebung liegt« – so der authentische Text.

Man hatte sich sogar erlaubt, nachdrücklich dahin aufmerksam zu machen, dass die Einwohner von Wasserliesch bisher bei allen Anforderungen seitens der Verwaltung stets eine anzuerkennende Folgsamkeit bewiesen hätten. Weiter wurde angedeutet, dass die Bereitschaft, Dienste in der Fronde zu leisten, Schaden leiden dürfte, wenn der Gemeinde das Gesuch zur Beihilfe bei dem Bau der fraglichen Kapelle abgelehnt bleiben würde. Es war zweifellos ein Versuch, Druck auf die Behörde auszuüben, doch das nützte nichts.

Als Begründung für ihre Ablehnung gab die Behörde an, »der dortige Kirchenbau sei viel nötiger als die Kapelle.« Gemeint war die Erweiterung der zu klein gewordenen auf dem heute nicht mehr existierenden alten Friedhof stehenden Pfarrkirche, die man erst fünf Jahre später realisierte.

Trotz der Verweigerung des Kostenzuschusses bauten die Wasserliescher und Reiniger Bürger (Reinig, heute Ortsteil) die Löschemer Kapelle im Jahre 1846 mit eigenen Mitteln und Spenden der Bevölkerung der Nachbarorte wieder auf. Wie der Chronist zu berichten weiß, standen vor dem Wiederaufbau nur noch die Außenmauern, die man beim Wiederaufbau mit verwendete.

Dem Bittschreiben der Gemeindeväter kann man entnehmen, dass die Löschemer Kapelle »von frommer Stiftung herrührend« in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Besitz der Gemeinde gelangte.

Vorher könnte sie dem Erbauer, nachher vielleicht auch dem Kloster St. Bruno in Merzlich-Karthaus, heute Stadtteil von Konz, gehört haben. Das Kloster hatte umfangreiche Besitzungen in Wasserliesch und Reinig.

Im Jahre 1919 wird die Kapelle erstmals in einem Inventarverzeichnis der Pfarrkirche St. Aper erwähnt. Vermutlich ist sie nach dem Ersten Weltkrieg in den Kirchenbesitz übergegangen.

Mittlerweile ist sicher, dass die Löschemer Kapelle Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut worden ist. Die Chronik Wasserliesch von 1975 nennt das Jahr 1708 noch als angebliches Baujahr. Einen genauen Hinweis auf den Zeitpunkt ihrer Erbauung liefert der Jahresbericht der »Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier« aus dem Jahre 1853.

Dieser Bericht enthält einen Artikel mit der Überschrift »Das Lager auf dem Liescher Berge«, in dem die Löschemer Kapelle als »Bernarduskapelle« nur beiläufig erwähnt wird.

Das verwundert, denn zwischen ihr und dem Bericht über das alte Römerlager gibt es keinen sachlichen Zusammenhang. Der Bericht beginnt mit dem Satz: »Der Wasserliescher Berg, von dem die Bernarduskapelle in das trierische Thal herabschauet, erhebt sich als Endpunkt des Gebirges zwischen Mosel und Saar zu einer Höhe von mehr als 500 Fuß, mit ringsum sehr steilen Wänden«.

Nach der Beschreibung des alten Lagers auf dem Liescher Berg endet der Bericht mit einer Feststellung, die man hier nicht mehr erwartet hätte: Die Bernarduskapelle trägt das Chronostichon »ConseCratVM honorI beatI BernarDI abbatIs (1709)«.

Das Chronostichon, ein Chronogramm in lateinischer Sprache, lautet in Normalschrift: »Consecratum honori beati Bernardi abbatis« – Geweiht zur Ehre des seligen Abtes Bernhard.

Es dokumentiert damit nicht nur, dass die Löschemer Kapelle nach ihrer Errichtung dem heiligen Bernhard geweiht war, sondern nennt gleichzeitig ihr Alter in römischen Zahlzeichen, die hier auf eine besondere Art und Weise in den Text eingesetzt sind. 

Die im Original hervorgehobenen großgeschriebenen Buchstaben mit ihren Zahlwerten (C = 100, V = 5, M = 1000, I = 1 und D = 500) ergeben – anders als die übliche Schreibweise römischer Zahlzeichen – nacheinander zusammenaddiert das Jahr 1709.

Die Löschemer Kapelle ist demnach im Jahre 1709 geweiht worden, womit das schon vorher angenommene Baujahr 1708/09 als gesichert gilt. Mit »Bernhard« ist wohl Bernhard von Clairveaux gemeint, Zisterzienserabt und Kirchenlehrer, der um 1090 geboren wurde und bis zum 20. August 1153 lebte.

Leider ist das Chronostichon, das diese Aussage belegt, in oder an der Löschemer Kapell heute nicht mehr vorhanden. Vermutlich wurde es bei Renovierungsarbeiten beseitigt oder überdeckt und ist dann in Vergessenheit geraten oder man hatte das darin steckende Chronostichon nicht entdeckt.

Die Tatsache, dass die Löschemer Kapelle ursprünglich dem heiligen Bernhard geweiht war, ist lange Zeit in Vergessenheit geraten. Die Kapelle jedenfalls verehrte man zu dieser Zeit die »Schmerzhafte Mutter Gottes« . Noch heute ist die Löschemer Kapelle eine Marienkapelle.

Wann die Marienverehrung hier begann und ob die Kapelle irgendwann offiziell umgewidmet worden ist, weiß niemand. Sicher ist nur, dass die Marienverehrung nicht von Anfang an war. 

Vermutlich entwickelte sich die Marienverehrung nach dem Wiederaufbau im Jahre 1846. Den Anstoß könnte das von Papst Pius IX. im Jahre 1854 verkündete Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens gegeben haben, das der Marienverehrung damals weltweit großen Auftrieb gegeben hat.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Innere der Löschemer Kapelle durch eine Lourdesgrotte verschönert, wie es heißt. Die Grotte sei »am 20. August 1893 in feierlicher Prozession den Berg hinauf geschafft worden.«

Heute ist die Grotte nicht mehr vorhanden. Wann genau entfernt wurde ist unbekannt. Jedenfalls wird die Mutter Gottes in der Löschemer Kapelle wie eh und je verehrt. Votivtafeln an den Innenwänden und ständig brennende Votivkerzen vor dem Altarbild belegen, dass viele Gläubige hier Hilfe und Trost suchen und finden.

Nach dem 2. Weltkrieg war die Kapelle in einem desolaten Zustand. Es galt, alsbald die Kapelle wieder in einen würdigen Zustand zu versetzen. 1946 / 47 wurden vom Lehrer Friedrich Kinder vom Unterricht freigestellt, um bei der Kapelle zu räumen und bei Renovierungsarbeiten zu Hand zu gehen.    

1969/70 war eine weitere durchgreifende Renovierung vor allem des Daches notwendig geworden, die ebenfalls aus Spenden der Bevölkerung finanziert wurde. 


Quellen: de.wikipedia.org; konz.eu; academic.ru; wasserliesch.eu     Fotos 1, 2, 4, 5 F. Hein, GFDL 1.3