Das Pestkreuz ist eine spezielle Form der Flurkreuze und Grabkreuze.
Zur Erinnerung an die Pest (lateinisch → Seuche, Unglück, Verderben) wurden mancherorts »Pestkreuze« aus Holz oder aus Stein errichtet, um der Nachwelt die verheerenden Folgen dieser grauenhaften Seuche möglichst eindringlich und dauerhaft in Erinnerung zu halten.
Leider sind viele dieser steinernen Zeugen einer vergangenen Zeit durch Unachtsamkeit, Unwissenheit oder mutwillige Beschädigung verschwunden. Pestkreuze aus Holz sind naturbedingt so gut wie nicht mehr vorhanden.
Im Bereich der Gemeinde Perl sind bis heute solche steinerne Zeitzeugen erhalten geblieben. Sie sind in der Liste der Baudenkmäler auf Grundlage der Veröffentlichung der Landesdenkmalliste im Amtsblatt des Saarlandes vom 22. Dezember 2004 als Einzeldenkmäler wie folgt aufgeführt:
Das »Bischof-Walo-Kreuz« (auch: Bischof-Wala-Kreuz) in Besch an der Ecke Tettinger Str. / Zu den Mühlen.
Ob und in wie weit dieses Kreuz den Pestkreuzen zugeordnet werden kann, habe ich bereits auf der Seite über die »Normannen« beschrieben.
Jedenfalls nimmt es - was den heutigen Standort der Aufstellung und der Zustand des Kreuzes angeht - eine Sonderstellung ein. Sie ist eines Einzeldenkmals würdig!
Das Normannenkreuz wurde von Lorenz Surwin aus Besch im Jahr 1688 gefertigt und aufgestellt. Dies ist einer Inschrift im unteren Teil des Schaftes erläutert. Ein grob behauener Sockel trägt einen Schaft, der nach oben von einer weit auskragenden Mensa abgeschlossen wird. Darauf steht ein Kruzifix mit einer Christusfigur. Auf dem sich verjüngenden mittleren Teil des Schafts ist eine Putte mit Kartusche um den Hals, darin Jahreszahl 1688, sowie die Buchstaben LSW gearbeitet. An der stilisierten Kordel hängen außerdem ein Zapfen und eine Quaste.
Pestkreuze im Ortsteil Besch:
Pestkreuz im Ortsteil Sehndorf:
Da die Lage von Pestfriedhöfen meist nicht überliefert wurde, ja meist überhaupt nicht überliefert werden sollte, kann man die Lage heute lediglich an den »Pestkreuzen« erkennen, welche aus sonstigen Flur-, Wege-, Sühne-, Wetter-, Gerichts- und Schwurkreuzen recht deutlich zu unterscheiden sind.
Sie unterscheiden sich in der Kreuzform (sind meist höher als die bei uns üblichen, niedrigeren Steinkreuze), tragen einen Korpus und weisen üblicherweise nicht durch eine Inschrift über den Grund der Aufstellung hin.
Meist ist aus dem Stein ein Knoten als Symbol für Beulenpest herausgearbeitet und weist auf den Grund der Aufstellung hin.
In vielen Fällen hatte aber die Errichtung eines Pestkreuzes lapidare Gründe:
Die großen Seuchen, welche Europa in früheren Zeiten heimgesucht haben, waren meist so verheerend, dass für die daran Gestorbenen auf dem normalen Kirchhof (damals Friedhof) kein Platz mehr vorhanden war.
Sie wurden deshalb auf eigens angelegten Pestfriedhöfen bestattet oder (was der häufigere Fall war) wegen der Ansteckungsgefahr in großen, außerhalb des Ortes ausgehobenen »Pestgruben« gemeinsam verscharrt.
Die Lage (außerhalb des Ortes) bei dem Pestkreuzen nahe Sehndorf (auf dem Weg nach Wochern) und die Lage des »Normannenkreuzes« (damals außerhalb des Ortes Besch) deuten auf solche »Pestgruben«, bzw. Pestfriedhöfe hin.
Zumindest bei dem Pestkreuz bei Sehndorf ist als Lage »bei dem Pestfriedhof« überliefert. Auch spricht die Lage, jeweils nord-östlich der Ortslage, für die dortige Lage des ehemaligen Pestfriedhofes, denn üblicherweise kommt bei uns der Wind und das Wetter aus süd-westlichen Richtungen und weht deshalb nicht vom Pestfriedhof auf den Ort zu, sondern vom Ort weg.
Pestkreuze
An diesen Orten wurden dann, in Anlehnung an die früher auf Friedhöfen häufigeren Lichtsäulen, kleinere Totenleuchten errichtet, von denen einige noch erhalten sind. Sie wurden am »Allerseelentag« (2.11.) angezündet.
Möglicherweise kommt die Bedeutung des Allerseelentages (998 eingeführt von Abt Odilo von Cluny) am Tag nach Allerheiligen hierher, dass an »Allerseelen« anders als an »Allerheiligen« »aller Seelen« d.h. allen Verstorbenen gedacht wird.
Um 1350 wütete der »Schwarze Tod« vor allem im Bereich des heutigen Rheinland und Westfalen, bevor er durch den 30-jährigen Krieg (1618 - 1648), welcher maßgeblichen Anteil an der Verbreitung hatte, auch wieder bei uns umging.
Vorsorgemaßnahmen wie direkte Beerdigung und die tägliche Reinigung von Häusern, welche Kranke beherbergt haben, konnten der Epidemie keinen Einhalt gebieten. So rückte eine extreme Frömmigkeit und Aberglaube in den Vordergrund.
Bittprozessionen wurden abgehalten, Häuser mit Weihwasser besprengt und gesegnet und auch erste Theorien über die Ursache kamen in Umlauf. Wahlweise schlechte Winde, eine ungünstige Konstellation von Mars, Jupiter und Saturn oder (was am wahrscheinlichsten war) verseuchtes Wasser machte die Bevölkerung für diese verheerende, unheimliche Krankheit verantwortlich.
Die Pest, »der schwarze Tod«, zählte zu den schlimmsten Bedrohungen im Mittelalter. Allein zwischen 1347 und 1351 starben in Mitteleuropa ca. 25 Millionen Menschen an dieser Krankheit. Dies entsprach rd. 2/3 der Gesamtbevölkerung.
Bereits 543 war das Rheinland von der Beulenpest betroffen, welche von Marseille aus weiter nach Norden verbreitet wurde.
Der Ursprungsort der Pest lag in Caffa auf der Halbinsel Krim und breitete sich über die Handelswege durch Schiffe über Konstantinopel (dem heutigen Istanbul), Genua (Italien) und Marseille (Frankreich) in ganz Europa aus.
Betroffen waren neben Italien und Frankreich auch Deutschland, das heutige Österreich, Polen, Dänemark, Schweden, Finnland und sogar Grönland wurde betroffen.
Zunächst kannten die Menschen im Mittelalter kein wirksames Mittel gegen die Pest. Häufig wurden die Menschen »zur Ader gelassen«: Man entnahm ihnen Blut, indem man – meist im Oberarm – in die Vene schnitt. Auch wenn man es sich heute nicht mehr vorstellen kann, dies übernahmen meist die Bader (heute würde man sagen Barbiere → Friseure).
Andere Kranke bekamen Brechmittel oder Einläufe. Heute ist bekannt, das diese »Behandlungsmethoden« den ohnehin geschwächten Patienten eher schadeten denn nützten.
Zum Schutze trugen die Menschen Tücher oder Masken vor dem Gesicht. Durch das Verbrennen von duftenden Hölzern und Kräuter, so wie durch das Versprühen von allerlei duftenden bis übel riechenden Essenzen versuchten die Menschen gegen die Krankheit anzukämpfen.
Wenn Doktoren die Pestbeulen zum richtigen Zeitpunkt aufschnitten und so der Eiter abfließen konnte, hatten die Menschen wenigstens eine kleine Überlebenschance.
Während sich in manchen Fällen »nur« etwa ein Drittel des Ortes angesteckt hatte, wurden manchmal aber auch ganze Ortschaften ausrottete. Auch unsere Region an der Obermosel war stark betroffen.
Anfangs wurden die Kranken ohne besondere Vorkehrungen in Krankenhäuser gebracht, wurden auch »normal« beerdigt.
Später kennzeichnete man die Häuser von Pestkranken mit einem Kreuz. Die Betroffenen wurden in Zwangsunterkünfte / Lager außerhalb der Ortslagen gebracht. Das führte dazu, dass die Infizierten oft von ihren eigenen Familien im Stich gelassen wurden und auch Geistliche ihren Beistand verweigerten.
Erst nachdem mehrere Millionen Menschen ihr Leben verloren haben wurde klar, dass die Ausbreitung der Seuche nur durch die Isolation der Kranken eingedämmt werden konnte. Bereits seit der ersten großen Epidemie um 1350 hatte man dies erkannt.
Zu spät für die Toten errichtete man 1423 auf einer Insel bei Venedig das erste Pestkrankenhaus Europas, ebenfalls auf einer venezianischen Insel in der Lagune entstand das »Lazzaretto Nuovo«, eine Quarantänestation.
Da die Venezianer einen Zusammenhang zwischen Pest und Schiffsverkehr (Ratten!) vermuteten, standen Reisende, Seefahrer und Kaufleute, welche aus verpesteten Städten kamen, zunächst für 40 Tage unter Beobachtung. Für diese Zeit mussten sie auf der Insel im »Lazzaretto Nuovo« bleiben.
Aus dieser Zeitspanne der Isolation entstand der Begriff »Quarantäne«, aus dem italienischen »quaranta« → »vierzig« abgeleitet.
Für die Menschen im Mittelalter waren Krankheiten (zumal die Pest) eine Strafe Gottes (»Man wünschte jemand die Pest an den Hals«). Die Gottesgläubigkeit nahm zu und auch die Verehrung bestimmter Heiliger (Jungfrau Maria und die Pestheiligen »Sebastian« und »Rochus«).
Wer es sich leisten konnte, unternahm Wallfahrten zu heiligen Orten. Auch der »Ablasshandel« der Kirche nahm enorm zu. Mit Hilfe von Ablässen konnten sich die Menschen (wer es sich leisten konnte!) für eine bestimmte Zeit von Ihren Sünden befreien lassen und sich somit vom »reinigenden Prozess des Fegfeuers« freikaufen.
Im Jahr 1666 breitete sich die Beulenpest erneut, von den Niederlanden her kommend, den Rhein entlang aus. Zum Teil kam in den Dörfern über die Hälfte der Bevölkerung ums Leben.
Die Pest von 1666, welche ihren Schwerpunkt in den Niederlanden und auf den Britischen Inseln (vor allem jedoch in London hatte) war die letzte große Pestepidemie, welche auch in unserer Region ganze Dörfer und Landstriche entvölkerte.
Im Bereich von Perl sind lediglich in den Ortsteilen Besch und Sehndorf Pestkreuze, bzw. Pestfriedhof bekannt. Speziell in Besch dürfte die Pest fürchterlich gewütet haben, was man an der massiv geschrumpften Bevölkerungszahl und aus der Anzahl der noch vorhandenen Kreuze ableiten kann. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts tendierte die Einwohnerzahl von Besch gegen Null.
Bei uns weniger, vor allem in Österreich weit verbreitet sind die sogenannten barocken »Pestsäulen«. Das Pestkreuz in Besch bei der Schulstraße deutet aber auf diese Art des Pestkreuzes hin.
Quelle: de.wikipedia.org