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Balduin von Trier / Balduin von Luxemburg

Balduinbrunnen Trier, Foto: © Stefan Kühn [CC BY-SA 3.0]

Wenn man von einem der bedeutendsten Erzbischöfen von Trier spricht, kommt man an Balduin von Luxemburg nicht vorbei. Er war gleichzeitig Kurfürst von Trier und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Reichspolitik in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Beide Benennungen, sowohl Balduin von Luxemburg, als auch Balduin von Trier, bezeichnen die gleiche Person.

Balduin wurde vermutlich 1285 geboren und war der jüngste Sohn des im Juni 1288 in der »Schlacht  bei Worringen« (→ nördlichster Stadtteil von Köln im Stadtbezirk Chorweiler) gefallenen Grafen Heinrich VI. von Luxemburg. Balduins Mutter war Beatrix von Avesnes. Er war von Kind an für ein geistliches Leben vorgesehen und erhielt bereits früh eine entsprechende Ausbildung.

 

Erzdiözese ohne Führung

Bilderzyklus, Balduin von Trier

Nach dem Tod von Dieter von Nassau war die Erzdiözese Trier ohne Erzbischof. Balduin studierte zu dieser Zeit Theologie und kanonisches Recht (→ Kirchenrecht) in Paris. Das Domkapitel trug im Dezember 1307 den Wunsch an den Dompropst Balduin heran, Nachfolger des Erzbischofs zu werden. 

Bereits im Alter von 22 Jahren wurde Balduin vom Trierer Domkapitel zum Erzbischof gewählt. Da Balduin jedoch das kirchenrechtlich vorgeschriebene Alter von 30 Jahren noch nicht erreicht hatte, war eine Wahl ohne ein päpstliches Eingreifen nicht möglich. Papst Clemens V. ernannte Balduin zum neuen Erzbischof von Trier und erteilte ihm am 11.3.1308 in Poitiers (im Westen von Frankreich) persönlich die Bischofsweihe.

Als Erzbischof von Trier war Balduin sowohl Oberhirte einer (Erz-) Diözese als auch Landesherr eines weltlichen Territoriums. Die Diözese war in fünf Archidiakonate eingeteilt: Longuyon (zwischen Thionville und Sedan), Tholey (nördl. Saarland), Trier, Karden (heute Treis-Karden a.d. Mosel) und Dietkirchen (heute Limburg an der Lahn). Sie erstreckte sich von der Maas im Westen bis an die mittlere Lahn bei Gießen. Zum weltlichen Territorium, dem sogenannten Erzstift (→ bezeichnet den Kirchenbesitz und die Liegenschaften eines Erzbischofs), gehörten beträchtliche Gebietskomplexe in Eifel, Hunsrück, Westerwald und Taunus. Die wichtigsten Städte dieses Gebietes waren auf der linken Rheinseite damals wie heute Trier und Koblenz.

Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier wählen Heinrich VII. zum König

 

Oberhirte und Landesherr 

Neben seinen Aufgaben als Oberhirte hat er sich seinen Aufgaben als Landesherr mit gleicher Intensität gewidmet. Die Aufsicht über die geistlichen Institutionen (Klöster und Stifte) nahm er  ebenso selbst wahr wie auch die Weihe von Kirchen und Altären. Anders als andere Bischöfe seiner Zeit nahm er diese selbst vor.

Seine persönliche Frömmigkeit dokumentiert unter anderem die Gründung von Kartausen in Trier (1330) und Koblenz (1331). In der Trierer Kartause wurde für ihn eine Zelle reserviert, in welche er sich gelegentlich zur Meditation zurückzog. Von hier stammen auch die bereits zu Lebzeiten Balduins entstandenen Chorstuhlwangen, welche den Erzbischof und seinen Bruder Heinrich darstellen. Balduin war neben seinen geistlichen Aufgaben  vor allem aber auch ein erfolgreicher und geachteter Reichs- und Territorialpolitiker.

Karthäuserkloster, Chorstuhlwange, © Markus Groß-Morgen [CC BY-SA 3.0]

Außerdem gehörte er zu dem erlesenen Kreis der sieben Kurfürsten, die den deutschen König wählten (→ die Kurfürsten von Kurmainz, Kurköln, Kurtrier und die Erzbischöfe von Salzburg, MagdeburgBremen und Besançon).

Als Politiker auf Reichsebene hat Balduin sich bereits sehr früh profilieren können und war – heute würde man sagen - »gut vernetzt«. So ereilte ihn bereits auf dem Rückweg von der päpstlichen Kurie nach Trier die Kunde, dass der römische König Albrecht von Habsburg ermordet worden war. 

Zusammen mit Peter von Aspelt, der aus der Grafschaft Luxemburg stammende Erzbischof von Mainz, konnte Balduin die Wahl auf seinen Bruder lenken, den Grafen Heinrich VII. von Luxemburg (November 1308).

 

Kaiserkrönung Heinrich VII.

Als erster König seit dem Staufer Friedrich II. ließ sich Heinrich VII. im Juni 1312 in Rom vom Papst zum Kaiser krönen. Für Balduin, der seinen Bruder auf diesem Zug von 1310 bis 1313 begleitete, stellte dies zweifelsohne der Höhepunkte seines bisherigen  Lebens dar. Doch Heinrich überlebte die von ständigen Kämpfen geprägte Reise nicht. Am 24.August1313, ereilte Heinrich VII. der frühe Tod.  Für seinen Bruder Balduin war dies eine menschliche Katastrophe.

Tod Heinrich VII.

Heinrich VII. hatte jedoch bereits Anfang 1310 Vorsorge getroffen und  seinem Sohn Johann (später Johann der Blinde genannt, war König von Böhmen 1311–1346, Markgraf von Mähren, Graf von Luxemburg und Titularkönig von Polen 1311–1335) das Recht auf erbliche Krone des Königreichs Böhmen gesichert.  

Das Haus Luxemburg übte auch auf die Königswahl im Oktober 1314 einen großen Einfluss aus. Dennoch kam es zu einer Doppelwahl: Schließlich setzte sich, unterstützt von der  luxemburgischen Partei, der Herzog Ludwig von Bayern in dem bis 1322 währenden Thronstreit, durch.

Zwischen dem König, dem  Kaiser und den zwischen 1309 und 1377 in Avignon (Südfrankreich) residierenden Päpsten kam es in der Folgezeit zu einer langjährigen Auseinandersetzung. Dies schuf für die freien, nicht einer Seite anhängenden Reichsfürsten, einen beträchtlichen politischen Spielraum.

Obwohl das Erzstift unter seinem Vorgänger Dieter von Nassau in eine schwere Krise geraten war, konnte Balduin auf den vorgefundenen Strukturen aufbauen. Balduin schuf eine flächendeckende Ämterorganisation und band einen wesentlichen Teil der Nachbarterritorien in seine politischen Initiativen ein. Er verdichtete das Netz der vom Erzstift lehnsabhängigen Burgen und errichtete neue Landesburgen und war Namensgeber von einigen Burgen (→  z.B. Baldenau und Balduinseck auf dem Hunsrück, Balduinstein an der Lahn).

Weil der Erzbischof schon damals einen Sinn für das hatte, was heute »Wirtschaftsförderung« heißt, und er vor allem wusste, dass Frieden und Sicherheit die wichtigsten Faktoren für wirtschaftliche und kulturelle Blüte sind, sorgte er für die Befriedung des Landest. Zum Teil geschah dies durch Abschluss von Landfriedensverträgen mit den Nachbarn.

 

Entführung Balduins

Balduin von Trier auf einem Moselschiff

In Einzelfällen schreckte Balduin auch nicht vor militärischen Unternehmungen zurück. Nicht immer stieß Balduin mit seiner zum Teil expansiven Territorialpolitik auf Gegenliebe beim Landadel. Im Juli 1328 fuhr Balduin mit dem  Schiff die Mosel hinab. Bei Enkirch wurde Balduin durch eine List getäuscht von »Leuten« der Gräfin Loretta von Sponheim gefangen genommen und entführt. Man brachte ihn 1328 auf die Starkenburg bei Traben-Trarbach und ließ ihn erst nach Zahlung eines Lösegelds und Zugeständnissen an ihre Familie wieder frei. Das der jungen Witwe angedichtete Liebesverhältnis zu Balduin gehört dagegen aller Wahrscheinlichkeit nach ins Reich der Legende. 

Einen Namen machte sich der Erzbischof Balduin durch den Einsatz moderner Kriegsmittel und Kriegstaktiken: Er baute Belagerungsburgen und Trutzburgen. U.a. baute er Trutzeltz, etwas oberhalb, gegenüber der Burg Eltz. Damit belagerte er die Ganerbenburg Eltz (→ Mehrgliedrige Großburgen, meist ohne beherrschenden Turm. Mehrere Linien einer Sippe bewohnen innerhalb der Burgmauern je eigene Wohnbauten). Ebenso setzte er aus Böhmen herbei geholte Bergleute für den Tunnelbau ein. Balduin blieb auch was die Waffen angeht »up to date« und kaufte von umherziehenden Waffenhändlern neue Feuerwaffen, z.B. fahrbare Kanonen ein.  

Balduin hatte maßgeblichen Anteil daran, dass im Juli 1338 die in Rhens (bei Mayen in der Eifel) versammelten Kurfürsten ihren Rechtsstandpunkt festschrieben: Ein von ihnen gewählter König bedürfe nicht der Bestätigung durch den Papst (→ Rhenser Weistum). Dies wurde formell sowohl vom Kaiser, als auch vom Papst Benedikt XII (1334 – 1342) de facto anerkannt.

 

Bruch zwischen Balduin und dem Kaiser

Kurfürst Balduin von Trier begegnet seinem Neffen Johann, dem König von Böhmen

Erst im Mai 1346 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Balduin und dem Kaiser. Im Sinne des Papstes wählte die von Balduin geführte luxemburgische Partei im Kurkollegium im Juli 1346 den Markgrafen Karl von Mähren, Sohn des Königs Johann von Böhmen (und somit Großneffen Balduins) zum römischen König. Da der Kaiser im Oktober 1347 überraschend starb, konnte sich König Karl IV. bald im gesamten Reich durchsetzen.

Im Erzstift Trier hatte bereits Erzbischof Heinrich von Finstingen (gestorben 1286 auf einer Wallfahrt nach Frankreich in Boulogne-sur-Mer) eine erfolgreiche Territorialpolitik betrieben.

Am meisten von Balduins politischen Fähigkeiten profitierte aber der Kurstaat Trier, der unter seiner Ägide erst eigentlich geformt wurde. Balduin rundete das bisher zerstückelte Territorium ab, schuf eine effektive Verwaltung und ließ viele neue Burgen errichten. Er förderte unter anderem den Bau von Burgen (z.B. die Genovevaburg in Mayen und die Stadtbefestigung in Münstermaifeld). Baduin wer es auch, der die Einrichtung von Verwaltungsstrukturen (Ämtern)  verantwortlich war.

Nicht immer wurden jedoch »Meinungsverschiedenheiten« friedlich gelöst: Im April 1347 wurden etliche im Dienst des Erzbischofs ausgerückte Bürger von Koblenz bei Grenzau (Westerwald) erschlagen.

Frieden und Sicherheit im Erzbistum ermöglichten ein Aufblühen der Städte. Dadurch stiegen aber auch die Abgaben der Untertanen. Dies ermöglichte dem Landesherrn erhebliche politische, von den Zeitgenossen mit Staunen beobachtete Handlungsspielräume. An dieser erfolgreichen Finanzpolitik hatten die mit dem Erzbischof eng zusammenarbeitenden Juden einen wichtigen Anteil.

 

Tod Balduins

Dom in Trier, Sarkophag Balduin von Trier, Foto: Stefan Kühn [CC BY-SA 3.0]

Im Winter 1353/54 reiste Balduin zum Reichstag in Mainz. Kurz nach seiner Rückkehr starb Balduin am 21. Januar 1354 in Trier. Sein Sarkophag befindet sich im Westchor des Doms, obwohl er selbst – Sinnbild seiner Bescheidenheit in persönlichen Dingen – sich lieber eine Beisetzung in der Kartause gewünscht hätte.

Um seinen Nachruhm zu schaffen und erhalten hatte er schon zu Lebzeiten Vorsorge getroffen. So hat er die ersten Jahre seines Pontifikats, das Zusammenwirken mit dem Bruder und die Teilnahme an dessen Romzug, in einem Bilderzyklus, heute würde man sagen »Comic«, für seine Nachwelt festhalten lassen.

Auch die »Schriftgutverwaltung« seines Territoriums hat er neu organisiert: So wurden die wichtigsten Urkunden in mehreren Hand(ab-)schriften (→den so genannten »Balduineen«) festgehalten. Jeweils  ein Exemplar davon hatte er stets mit sich geführt. Wie er seine Leistung selbst einschätzte hat er in einem Vorwort dieser Urkundensammlung festgehalten. Besonders die in seiner Regierungszeit fallende Kapitel hat er in der sog. »Gesta Treverorum« dokumentieren lassen.

Dort wurde der Zustand der Erzdiözese und des Erzstiftes im Jahr 1307 in düsteren Farben dargestellt. Dagegen wurde der Ruhm Balduins in schillernden Farben geschildert. Diese (eigene) Sichtweise prägt bis heute das Bild Balduins in der historischen Forschung.

 

Dom in Trier, Sarkophag Balduin von Trier,Foto © Dennis Jarvis from Halifax, Canada [CC BY-SA 2.0]

…hervorragendste Lenker des Erzbistums Trier

Auch unter dem Vorbehalt, dass beim genauen Studium festzustellen ist, dass Balduin auf Leistungen von Vorgängern (insbesondere Heinrich von Finstingen) aufbauen konnte, muss anerkannt werden, dass Balduin wohl der bedeutendste Trierer Erzbischof des Spätmittelalters und einer der führenden Reichspolitiker seiner Zeit war.

Man kann ihn »... zweifelsohne als den hervorragendsten Lenker des Erzbistums Trier überhaupt bezeichnen...« urteilte Dr. Martin Persch, ein deutscher katholischer Theologe und Historiker. Von 1987 bis 2013 leitete Dr. Persch das Bistumsarchiv Trier.

Wie bereits angemerkt verstarb am 21. Januar 1354 der Kurfürst und Erzbischof Balduin von Luxemburg im Alter von 69 Jahren in Trier.

Er hatte während  seiner Amtszeit von 1308 bis 1354 den Ausbau des Kurstaates vollendet und seine Verwaltung neu geordnet. Außerdem spielte er in der Politik des damaligen »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation« eine zentrale Rolle.

   

73 Bilder auf 37 Tafeln

Die 7 Kurfürsten

Im Landeshauptarchiv in Koblenz befindet sich wie bereits angemerkt eine Bilderchronik, welche in Balduins Auftrag um 1340 in Trier angefertigt wurde. Insgesamt ließ er die gemeinsamen Erlebnisse in einer Bilderchronik mit 73 Miniaturen auf 37 Tafeln verewigen, laut »Lexikon des Mittelalters« (Das Lexikon des Mittelalters [LMA, LexMA o. ä.] ist ein deutschsprachiges Nachschlagewerk zur Geschichte und Kultur des Mittelalters in neun Bänden und einem Registerband) ist das Werk eine der » → bedeutendsten Bilderhandschriften ihrer Zeit«.)

Die 73 Bilder erzählen in Form eines frühen Comic-Strip von der Romfahrt seines Bruders, Kaiser Heinrich VII., von 1310 bis 1313. An diesem kriegerischem Unternehmen hatte der junge Kurfürst aktiv teilgenommen.

»Kaiser Heinrichs Romfahrt« besteht aus Federzeichnungen, welche mit zarten Aquarellfarben auf Pergament koloriert wurden. Lediglich die Wappen sind mit kräftigen Deckfarben ausgemalt. Die Bilderfolge erzählt detailreich Erinnerungen des alt gewordenen Balduin an die gemeinsame Zeit mit seinem Bruder Heinrich.

Herrscher, Diplomat, Priester, Schöngeist – in der Tat widersprüchliche Attribute. Doch alle treffen auf einen Mann zu: Balduin von Trier

 

Quellen: rheinische-geschichte.lvr.de, bistum-trier.de, Trier.de, Das Lexikon des Mittelalters (LexMA), wikipedia.org