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Die Geschichte des Kohlebergbaus im Saarland

Die Förderung von Steinkohle im Saarland ist seit der Zeit der keltischen Besiedelung belegt. Bei Grabungen an einem Hügelgrabes aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. bei Rubenheim (Bliesgau) wurde eine geschnitzte Kohleperle als Grabbeigabe gefunden.

Durch eine palnyologische Untersuchung (Palynologie ist die wissenschaftliche Bezeichnung der Pollenanalyse) konnte sie einem Kännelflöz bei Heinitz zugeordnet werden.

Auch in römischer Zeit wurde im Saarland offenbar oberflächennaher Kohleabbau betrieben:

Im Grab der sog. Ursula von Roden aus dem 3. Jahrhundert nach Christus wurden sog. »Gagat-Ringe« (aus geschliffener Kännelkohle hergestellte Schmuckringe) gefunden.

Auch der Emilianusstollen in St. Barbara (Wallerfangen) ist ein in Mitteleuropa einzigartiges Beispiel für Bergbau dieser Zeit. Allerdings wurde in Wallerfangen nicht nach Kohlen, sondern nach Kupfer gegraben.

Der »Römische Kupferstollen des Emilianus« ist bis heute erhalten und teilweise zugänglich. In ihm wurde bereits in der Römerzeit  das »Wallerfanger Blau«, ein aus Azurit bestehendes, natürliches Farbpigment abgebaut.

Die Farbe wurde in der Renaissance bis nach Italien gehandelt. Angeblich hat Albrecht Dürer mit »Wallerfanger Blau« gemalt.  

verschiedene Arten der Fahrung

Der Kohleabbau im Saarland ist seit dem späten Mittelalter schriftlich belegt:

1371 gewährte Kaiser Karl IV. dem Grafen Johann von Nassau-Saarbrücken das Bergbaurecht. 1429 bestätigten die Schöffen von Ottweiler Gewinnungsarbeiten in der Nähe von Ottweiler. Diese Gewinnung beschränkte sich aber jahrhundertelang auf den oberflächennahen Abbau im kleinen Stil.

Erst unter der Regierung von Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (1718-1768), welcher die Verstaatlichung der Kohlegruben anordnete, kann man von Planmäßigkeit des Abbaus reden.

Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken kaufte 1750/51 sämtliche Gruben. Ab jetzt war private Kohlengewinnung und –verkauf mit Strafe bedroht. Als Absatzwege wurden der Landabsatz und der Wasserweg erschlossen. Die Kohle ist – über den örtlichen Bedarf weit hinaus – zur Handelsware geworden. 

Als Brennstoff für Industrie und Haushalt wurde Kohle ein begehrter Brennstoff.

1766 gab es im Saargebiet 12 Gruben: Schwalbach, Stangenmühle, Klarenthal, Gersweiler, Rußhütte, Jägersfreude, Friedrichsthal (Saar), Schiffweiler, Wellesweiler, Dudweiler, Sulzbach und Burbach.

1773 gab es 45 Stollen mit 143 Bergleuten. Die wichtigsten waren Dudweiler und Wellesweiler.

Die Gesamtförderung des Jahres 1790 betrug knapp mehr als 50.000 Tonnen Kohle.

1769 wurde die erste sog. »Bruderbüchse« für die Bergleute der Grafschaft gegründet, eine Sozialkasse, aus der später die »Saarknappschaft« hervorging.

Als 1792 die Gegend um Saarbrücken für etwa 20 Jahre an Frankreich fiel, förderten die Gruben ungefähr   50. 000 Tonnen Kohle jährlich. 

Im Jahre 1808 beabsichtigte Napoleon, die Saargruben in mehrere Konzessionen aufzuteilen. Um die Aufteilung besser durchführen zu können, ließ er die Lagerstätten auf Staatskosten methodisch erforschen.

Zum Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation am Beginn des 19. Jahrhunderts kam das Saargebiet 1815 in seinem Hauptteil zu Preußen und zu einem kleinen Teil (im Osten) an Bayern. Diese beiden Länder vertrauten die Kohleförderung ihren jeweiligen fiskalischen Verwaltungen an.

In den zwanzig Jahren der französischen Verwaltung wurden die Gruben zehn Jahre an die französische Gesellschaft Equer & Co., Paris, verpachtet. Der französische Fiskus trug sich später mit dem Gedanken, die saarländischen Gruben an private Unternehmer zu verkaufen.

Obwohl sich Napoleon schließlich doch gegen eine Aufteilung entschied und ein einziges staatliches Unternehmen der Gruben bevorzugte, steht dieser Atlas am Anfang des wirklich industriellen Betriebs der Saargruben.

Dafür gibt es mehrere Hinweise: Einmal das »Kaiserliche Dekret vom 13. August 1808«, welches den Verkauf der Gruben regeln sollte, durch den Ausbruch des russischen Krieges jedoch nicht zur Ausführung kam.

Zum anderen wurde die Verwaltung stets als provisorisch bezeichnet und schließlich war das gesamte Berechtigungsfeld der Saarbrücker Kohlengruben bereits in 60 Grubenfelder (Konzessionen) eingeteilt. Entsprechendes Kartenmaterial, der »Saargrubenatlas« oder »Duhamel-Atlas«, war von den französischen Ingenieuren Louis-Antoine Beaunier (1779-1835), Michel-François Calmelet (1782-1817) und maßgeblich von Jean Baptist Duhamel (1767-1847) auf Geheiß Napoleons angefertigt worden.

Ab den 1820er-Jahren wurden Dampfmaschinen in den saarländischen Gruben eingeführt.

1822 wurde der erste senkrechte Schacht in Hostenbach geteuft - bisher wurde die Kohle über Stollen und schräg in die Tiefe vorgetriebene Schächte gefördert.

Durch Gründung weiterer Gruben verdreifachte sich die Förderung auf nahezu 700.000 m³. Auch stiegen die Belegschaftszahlen: von 1.383 auf 4.580.

Der Bergbau erfuhr einen mächtigen Aufschwung durch Eröffnung der Saarbrücker Eisenbahn zu Beginn der 1850er Jahre. Nun wurden auch die ersten Kokereianlagen errichtet.

1860 betrug die Förderung 2 Mio. Tonnen, und 11.000 Bergleute arbeiteten nun in den saarländischen Gruben.

Foto: Lokilech, CC BY-SA 3.0

1861 wurde das bisherige Bergamt geschlossen, weil es mit der Verwaltung der Gruben überfordert war, und die Königlich-Preußische Bergwerksdirektion in Saarbrücken gegründet, die 1876-80 den neuen Verwaltungsbau von Martin Gropius bezog (siehe Bild links).

1866 wurde der ›Saarkanal‹ eröffnet, der das saarländische Kohlerevier auch über den Wasserweg erreichbar machte.

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gab es eine Hausse. Der Bergarbeiterbedarf war groß. Deswegen wurden Bergleute aus dem Hunsrück, der Eifel und der Pfalz angeworben. Dadurch explodierten die Bevölkerungszahlen in zahlreichen Ortschaften geradezu.

Von 1880 bis 1895 stagnierte die weitere Entwicklung. Um 1900 wurden bestehende Gruben erweitert, die Zahl der Bergleute erhöhte sich auf 41.210, woraufhin auch die Förderzahlen anstiegen: 9,4 Mio. Tonnen Kohle.

Im Jahre 1900 waren 783 Dampfmaschinen im Einsatz. Im letzten Vorkriegsjahr 1913 betrug die Förderung etwa 14 Mio. Tonnen und die Belegschaft 56.903 Bergleute.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Frankreich das Eigentum an den Saargruben übertragen; Frankreich setzte vermehrt auf Motorkraft beim Abbau. Die Fördermenge stieg zwischen 1920 und 1929 von neun auf über 13 Mio. Tonnen.

1934 taten noch 82 Pferde unter Tage ihren Dienst.

Nach der Volksabstimmung von 1935 wurde das Saarland am 1. März 1935 ins Deutsche Reich eingegliedert. Deutschland stand mittlerweile unter national-sozialistischer Regierung. Die Saargruben wurden dem französischen Staat abgekauft und erhielten später die Form einer Aktiengesellschaft (»Saargruben AG«), deren einziger Aktionär das Deutsche Reich war.

Das Hitlerreich musste möglichst schnell autark werden. Um einen Beitrag dazu leisten zu können, wurde der Bergbau an der Saar zu einem der modernsten Kohlenabbaubetriebe Europas ausgebaut. Man setzte die neuesten Schrämmaschinen und Ladegeräte ein und verwendete Spülbohrer, um die Gefahr von Silikoseerkrankungen zu vermindern. Bis zum Anfang des Zweiten Weltkrieges wurde die Kohleförderung auf fast 15 Mio. Tonnen jährlich gesteigert.

Schrämm-Maschine mit Maschinenführer

Der Zweite Weltkrieg setzte der Aufwärtsentwicklung 1939 ein Ende. Während des Zweiten Weltkrieges ging die Förderung nach einer Spitze von 15,3 Millionen Tonnen im Jahre 1942 auf 12,4 Millionen Tonnen im Jahre 1945 zurück. Die Belegschaft verringerte sich im gleichen Zeitraum von fast 54.000 auf etwa 34.000 Bergleute und Angestellte. 

Nachdem amerikanische Truppen im März 1945 das Saargebiet besetzt hatten, stellten sie die im Krieg teilweise stark zerstörten Bergwerke der Saargruben AG unter die Kontrolle ihrer »CONAD Engineer Mining Operating Group (Saar Mining Mission)«. Die Gruben, die noch in Betrieb waren, förderten inzwischen nur noch unter 5 Mio. Tonnen pro Jahr.

Am 10.7.1945 übernahmen die Franzosen die Besetzung des Landes. Unmittelbar danach gründeten sie die »Mission Française des Mines de la Sarre« und unterstellten ihr die Bergwerke der »Saargruben AG«. Leiter der Zwangsverwaltung war zunächst Robert F. Baboin, später folgte ihm Marin Guillaume.

Im Verlauf der nächsten Jahre ging es zunächst darum, die Kriegsschäden zu ersetzen, um eine möglichst hohe Förderung zu erzielen und sichere Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Aufgaben und Herausforderungen der Mission Française waren:

  • Wiederaufbau der Belegschaft (Kriegsgefangene, Rückführung von evakuierten Bergmannsfamilien),
  • Organisation von Wohnraum,
  • Neubeginn von Aus- und Weiterbildung,
  • Sicherstellung der Versorgung der Belegschaft mit Nahrung  und Bekleidung.

Nach der Gründung des Saarstaats im Dezember 1947 wurden die »Saargruben AG« und damit auch die Mission Française zum 1. Januar 1948 aufgelöst.

Alle Rechte und Besitzverhältnisse gingen auf die »Régie des Mines de la Sarre« mit Sitz in Saarbrücken über. Deren Verwaltungsrat übernahm nun, als zu-nächst rein französische Institution, die Verwaltung der saarländischen Steinkohlebergwerke einschließlich der Nebenbetriebe und dazugehöriger Unternehmungen.

Die geförderte Saarkohle wurde bereits seit dem Kriegsende in einen gemeinsamen Kohlen-Pool der Alliierten eingebracht. Diese verteilten die Kohlen nach gemeinwirtschaftlichen Richtlinien.

Am 20. Februar 1948 verfügte ein in Berlin geschlossenes Wirtschaftsabkommen, dass die Saar aus diesem Pool ausscheiden dürfe.

Vom 1. April 1949 an konnte die »Régie des Mines« die Saarkohle ohne Auflagen und ohne jegliche Beschränkung absetzen. Daraufhin begann man sofort mit dem konsequenten Ausbau der saarländischen Gruben.

Der Verwaltungsrat der »Régie des Mines« bestand aus 30 Mitgliedern, von denen nur neun die Interessen der saarländischen Regierung und der saarländischen Unternehmer sowie der Arbeitnehmerschaft vertraten. Der Verwaltungsausschuss war ganz ohne saarländische Mitglieder.

Am 1. Januar 1954 löste ein neues Unternehmen mit Namen »SAARBERG-WERKE« die »Régie des Mines« ab. Grundlage dazu war ein Vertrag, welcher als Teil der »Saarkonventionen« am 20. Mai 1953 abgeschlossen wurde.

Frankreich und das Saarland übernahmen damit gemeinsam die Verantwortung für den Abbau der saarländischen Kohlenfelder. Vorstand und Grubenrat waren weiterhin paritätisch mit Vertretern beider Länder besetzt. In dem Vertrag wurde festgelegt, dass er bis zum Abschluss einer Friedensregelung wirksam bleiben sollte.

Schrämm-Maschine im Einsatz, gizmodo.com.au, Foto: ENERGY.GOV

Nach erfolgter Anerkennung des Eigentums des Saarlandes an den Kohlenfeldern und Anlagen sollte sich die Laufzeit des Vertrages automatisch auf eine Gesamtdauer von 50 Jahren, gerechnet von 1950 ab, verlängern.  

Nach der Ablehnung des Saarstatuts am 23. Oktober 1955 stellte der »Saarvertrag« vom 27. Oktober 1956 die Weichen für den Übergang des Saarbergbaus auf die neuen Eigentümer Bundesrepublik und Saarland.

Der politische Anschluss der Saar an die Bundesrepublik erfolgte am 1. Januar 1957. Am 30. September 1957 wurde die »Saarbergwerke Aktiengesellschaft« mit einem Grundkapital von 35 Milliarden Francs gegründet. Anteilseigner waren die Bundesrepublik mit 74 und das Saarland mit 26 Prozent.

1956 begannen die »Saarbergwerke« mit dem Bau einer neuen Kokerei in Völklingen-Fürstenhausen. Sie sollte vorwiegend die lothringischen Hüttenwerke mit Koks versorgen. Ob wohl deshalb der Beginn der Kokserzeugung auf den 14. Juli 1959 (dem französischen Nationalfeiertag) gelegt wurde?

1958 erfolgte die Gründung des »Unternehmensverbandes Saarbergbau«. Er vertrat die Belange der Unternehmungen des Saarbergbaus als Arbeitgeberveinigung und Tarifpartei. Der Landtag beschloss die Wiedereinführung des »Reichsknappschaftsgesetzes« im Saarland und verabschiedete das Neuregelungsgesetz der »Knappschaftsrentenversicherung«.

In dieser Zeit verfügte die »Saarbergwerke AG« über 99 aktive Schächte. Davon dienten 24 als Förderschächte, die übrigen wurden für Seilfahrt, Materialtransport und Frischluftversorgung genutzt.

Schon ab 1956 versuchte man, den sich abzeichnenden Kohle- und Strukturkrisen durch eine Ausweitung der Mechanisierung zu begegnen, indem man z.B. Walzenschrämlader und Hydraulikstempel einführte.

Bergleute im Stollen, 1961, Foto: Bundesarchiv B 145 Bild-F009346-0008 / Steiner, Egon / CC-BY-SA

Bald wurden auch Verbundbergwerke und neue Betriebe geschaffen. Im Jahr 1958 mussten die ersten Feierschichten eingelegt werden, weil sich die Absatzverhältnisse auf dem Energiemarkt zunehmend verschlechterten. Um dieser Entwicklung zu begegnen, versuchte die »Saarbergwerke AG«, neue Absatzwege z.B. in der Veredlung der Kohle zu Koks, Gas und Strom zu finden.

In den 1960er Jahren wurde die Zahl der Gruben von 18 auf sechs reduziert: Während der Kohlekrise sank die jährliche Produktion von 17 auf 10 Millionen Tonnen. Der Strukturwandel setzte sich in den folgenden Jahrzehnten fort, 1987 wurde eine weitere, drastische Reduzierung der Fördermengen beschlossen.

Anfang der 1990er Jahre gab es noch 18.000 Beschäftigte im Bergbau. Die jährliche Förderung lag bei etwa 9 Millionen Tonnen. Im November 1990 wurde die Kohleförderung am Standort Camphausen eingestellt, Ende 1994 wurde die Zeche Luisenthal geschlossen.

Nach einer Vereinbarung vom März 1997 sollte innerhalb der nächsten acht Jahre die Zahl der Bergleute von 14.400 auf 8.200 sinken.

Im gleichen Jahr verkaufte die saarländische Regierung ihren Anteil an den Saarbergwerken zum symbolischen Preis von einer Mark an die »RAG«.

Die »RAG« - durch Umbenennung entstanden aus der »Ruhrkohle AG« - gliederte ihre verlustbringenden Bergbauaktivitäten in die »Deutsche Steinkohle AG« aus und widmete sich fortan den Geschäftsfeldern Chemie, Energie und Immobilien.

Die Grube Göttelborn/Reden wurde zum 1. September 2000 als drittletztes Bergwerk geschlossen.

Ende 2006 war mit Ensdorf noch ein Bergwerk in Betrieb. Es förderte  mit rund 4.000 Mitarbeitern 3,7 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr.

Der Bundestag beschloss den Ausstieg aus der Steinkohleförderung zum Jahr 2018. Die Schließung des letzten Bergwerks im Saarland war damit beschlossene Sache. 


Die Schließung des letzten Bergwerks im Saarland erfolgte Ende Juni 2012. 

Am 30. Juni 2012 holte man das letzte Stück saarländische Kohle aus dem Feld Dilsburg (Heusweiler)

Damit schließt sich auch die Geschichte des Kohlebergbaus im Saarland.