Seit Mitte der 1970er Jahre geht es im Saarland mit der Eisen- und Stahlproduktion und damit auch mit der Zahl der Arbeitsplätze bergab. Waren es in der 1960er Jahren noch deutlich über 38.000 Mitarbeiter in der Eisen- und Stahlindustrie, sind es heute noch knapp 7.500 Arbeiter und Angestellte im Saarland, welche ihr Einkommen aus dieser Branche beziehen.
Ich habe nachfolgend einmal einige Fakten und Zahlen zusammengetragen, ohne damit den Anspruch auf Vollständigkeit erheben:
Das Neunkircher Eisenwerk fusionierte 1982 mit ihrem bisherigen Konkurrenten, der Stahlwerke Röchling Burbach GmbH. Gleichzeitig wurde die Roheisenerzeugung am Standort Neunkirchen stillgelegt.
Kleine Teile der ehemaligen Eisenwerke sind in Neunkirchen als Standort von Saarstahl und in Homburg seit 1992 unter dem Namen Saar-Blankstahl auch heute noch (2019) in Betrieb.
Am Standort Neunkirchen ist Saarstahl mit seinen beiden leistungsstarken Walzstraßen, der hoch automatisierten Halbzeugvorbereitung und der an die speziellen Kundenwünsche angepassten Weiterverarbeitung am Markt. Saarstahl Neunkirchen ist heute zu den international führenden Herstellern von Langprodukten zählen. Rund 800 Mitarbeiter sind in der Feinstahlstraße und Drahtstraße beschäftigt und produzieren hier insgesamt rund 1.200.000 Tonnen Feinstahl und Draht pro Jahr.
Im Jahr 1962 betrug die Belegschaft 1.100 Arbeiter und 136 Angestellte. Fünf Jahre, im Jahr 1967, darauf fusionierte HADIR mit der Luxemburger ARBED.
1974 musste erstmals Kurzarbeit für 400 Beschäftigte in der Bandweiterverarbeitung und der Drahtverarbeitung angemeldet werden. Im Jahr 1980 wurden die Walzenstraßen stillgelegt. Dies bedeutete einen Verlust von circa 300 Arbeitsplätzen.
Seither wurde nur noch Draht weiterverarbeitet. Im Jahr 1981 beschäftigte das Werk etwa 860 Beschäftigte. Es wurden vorwiegend Grubenmatten und Baustahlgewebe, Drahtgeflechte sowie gezogener Draht für Hausgeräte und die Automobilindustrie produziert.
1984 schuf man die Firma ›Drahtwerk St. Ingbert‹. Anteilseigner war Techno ARBED Deutschland, aus dem später Saarstahl hervorging. 1996 wurde die Produktion im oberen Werk (Drahtwerk Nord Areal) stillgelegt. Dort wurden zuletzt Baustahlmatten hergestellt. 2001 zählte das Drahtwerk St. Ingbert noch 191 Beschäftigte. Der Draht wird überwiegend aus Saarbrücken-Burbach, zum Teil auch aus Neunkirchen bezogen (beides Saarstahl) und in St. Ingbert weiterverarbeitet.
Die Halberger Hütte fusionierte im Jahr 1970 mit dem ›Saint-Gobain-Konzern‹ in Firma Pont-à-Mousson und bringt ihre Mehrheitsbeteiligung an der Halbergerhütte ein. 1971 wird die ›Halberg Maschinenbau GmbH‹ mit Sitz in Ludwigshafen vom Unternehmen ›Sterling Fluid Systems‹ übernommen. 1972 kauft Saint-Gobain die restlichen Anteile an der Halbergerhütte auf. 1977 zählt die Halbergerhütte rund 4.300 Mitarbeiter.
1988 wurde die Automobilguss-Produktion mit damals 2.500 Mitarbeitern in eine eigenständige Tochterfirma, die ›Halberg-Guss GmbH‹, ausgegliedert. Diese Tochterfirma wurde 1992 von ›Saint-Gobain‹ an die französische Firmengruppe ›Valois‹ verkauft.
Am 1. September 2009 meldete die Halberg-Guss-Gruppe Insolvenz an.
Im April 2011 gab der niederländische Konzern ›http‹ bekannt, die insolvente Halberg-Guss zu übernehmen. Damit verbunden waren finanzielle Zugeständnisse der Arbeitnehmer. Nach mehreren Eigentümerwechseln firmiert das Unternehmen heute als ›Gusswerke Saarbrücken‹. 2011 waren noch rd. 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. 1.300 Mitarbeiter waren am Stammsitz in Saarbrücken-Brebach und 700 Mitarbeiter im Werk in Leipzig beschäftigt.
Im Juli 2019 kündigte die ›Gusswerke Saarbrücken GmbH‹ den Abbau von 200 der noch verbliebenen 1.200 Arbeitsplätze infolge fehlender Aufträge an.
Nachdem bis Mitte September 2019 die Löhne des Monats August wie auch fällige Abfindungszahlungen an ausgeschiedene Mitarbeiter nicht gezahlt werden konnten, meldete das Unternehmen am 20. September 2019 Insolvenz in Eigenverwaltung an. Ende 2019 erhielten bis auf 400 Mitarbeiter die Kündigung. Die noch verbliebenen Mitarbeiter werden bis 31. März 2020 weiterarbeiten. Das Ende der Halberger Hütte wurde dann zum 30.06.2020 besiegelt.
1970 nahm die Burbacher Hütte eine moderne Drahtstraße in Betrieb. 1971 kam es zu einer Fusion der zur ARBED gehörenden Burbacher Hütte mit der Völklinger Hütte.
Das Unternehmen, an dem die ARBED und die Familie Röchling als Eigentümer der Völklinger Hütte je hälftig beteiligt waren, firmierte fortan unter› Stahlwerke Röchling-Burbach GmbH‹.
1975, zu Beginn der Stahlkrise, waren auf der Burbacher Hütte in Burbach rund 6.000 Menschen beschäftigt. Ab 1975 kam es zu umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen. So fiel u. a. die Roheisenerzeugung in Burbach, ebenso die Walzwerke der Stilllegung anheim.
1982 fusionierten die ›Stahlwerke Röchling-Burbach GmbH‹ mit der ›Neunkircher Eisenwerk AG‹ zur neuen ›ARBED-Saarstahl GmbH‹. Die Burbacher Hütte kam nachfolgend sukzessive zum Stillstand. Einzig die Drahtstraße mit rund 1.000 Arbeitsplätzen blieb in Betrieb.
Durch wirtschaftliche Probleme sowohl bei der Muttergesellschaft ARBED als auch bei der Tochter ›Arbed Saarstahl GmbH‹ kam es zu weiteren Umstrukturierungen, aus denen die heutige ›Saarstahl AG‹ hervorging, die bis heute in Burbach eine Drahtstraße betreibt.
Im Jahr 1965 waren im gesamten Produktions- und Verwaltungsbereich der Völklinger Hütte insgesamt 17.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die weltweite Stahlkrise erfasste 1975 auch die Völklinger Hütte.
Während der luxemburgische Stahlkonzern ARBED bis 1971 im Saarland den Standort Burbach betrieb, fusionierte die Völklinger Hütte mit den »Vereinigten Hüttenwerken Burbach-Eich-Düdelingen« (ARBED) zur gemeinsam mit Röchling betriebenen ›Stahlwerke Röchling-Burbach GmbH‹. Mit der Integration des Neunkirchener Eisenwerks wurde 1982 die ›Arbed Saarstahl GmbH‹ geschaffen. Die Familiee Röchling schied 1978 aus dem Unternehmen aus. Seit 1986 heißt das Unternehmen ›SaarstahlAG‹.
Nach der Stilllegung der Roheisenphase (1986) wurde dieser Teil als Industriedenkmal unter Denkmalschutz gestellt. 1994 erklärte die UNESCO die Roheisenerzeugung der Völklinger Hütte zum Weltkulturerbe.
Umgangssprachlich wird auch das gesamte Völklinger Werksgelände der Saarstahl AG als Völklinger Hütte bezeichnet. Das heutige ›Weltkulturerbe Völklinger Hütte‹ umfasst jedoch mit 7,46 Hektar Grundfläche nur einen Bruchteil des rund 260 Hektar großen Völklinger Saarstahl-Areals.
Nach dem 2. Weltkrieg setzte die Dillinger Hütte weiter auf die Zukunft Stahl: mit Weltneuheiten wie der ersten Brammenstranggussanlage im Jahr 1962, der Inbetriebnahme des Grobblechwalzwerkes 1971, des stärksten Walzgerüstes 1985, der neuen Brammenstranggussanlage 1998 für die dicksten Brammen der Welt und der weltgrößten Fräsmaschine für Blechkanten 2005.
Die treibende Kraft war Jean Lang, der 1946 als junger Betriebsingenieur in die Dillinger Hütte eintrat und 1967 deren Technischer Vorstand, 1974 Vorstandsvorsitzender, 1989 Aufsichtsratsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender von Saarstahl wurde (bis 1993 mit Saarstahl-Konkursverwaltung 1993–2001 und Kuratoriumsvorsitz der neuen Montan-Stiftung-Saar 2001–2007).
Im Jahre 2014 hat die Dillinger Hütte-Tochter Steelwin die weltweit größte Monopile (zusammengesetzt aus dem griechischen Wort mónos → für allein, einzig, ein und dem englischen Wort pile für → Pfahl ) in ihrem Werk an der Wesermündung bei Nordenham hergestellt.
Zur Zeit sind bei der ›AG der Dillinger Hüttenwerke‹ rd. 5.500 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Energiewende baut auf Stahl. Und Stahl von Dillinger spielt dabei erneut eine tragende Rolle: Steelwind Nordenham, 100%ige Tochtergesellschaft von Dillinger, wird für den Bau des Offshore-Windparks ›Yunlin‹ vor der Westküste Taiwans 40 komplette Monopiles und 120 Sektionen, aus denen später vor Ort durch ›Formosa Heavy Industries (FHI) Corporation‹ weitere 40 Monopiles zusammengebaut werden, liefern. Das Vormaterial dazu, Grobbleche in den erforderlichen Güten und Abmessungen, kommt von Dillinger bzw. seiner Tochtergesellschaft Dillinger France in Dünkirchen.
Die ›Saarstahl AG‹ existiert seit 1989, hat jedoch in ihren einzelnen Betriebsteilen (siehe Seite ›Die Geschichte der Eisenhütten im Saarland‹) eine deutliche längere Firmentradition.
Als Auswirkung der Stahlkrise kam es zu verschiedenen Eigentümerwechseln, in deren Folge die Arbed Saarstahl GmbH zur Saarstahl AG umfirmierte.
Hervorgegangen ist die Gesellschaft aus den Montanunternehmen in Völklingen (Völklinger Eisenwerk der Gebrüder Röchling, gegründet 1881), Neunkirchen (Neunkircher Eisenwerk vormals Gebrüder Stumm, gegründet 1806) und Saarbrücken-Burbach (Saarbrücker Eisenhüttengesellschaft, gegründet 1856). 1971 schlossen sich die Werke in Völklingen und Burbach zur Stahlwerke Röchling-Burbach GmbH zusammen, welche 1982 mit dem Neunkircher Eisenwerk zur ›Arbed Saarstahl GmbH‹ unter Führung der ARBED fusionierte. Daraus entstand 1986 die ›Saarstahl Völklingen GmbH‹ und 1989 die ›Saarstahl AG‹.
1993 waren die Eigentümer der französische Stahlkonzern ›Usinor-Sacilor‹ mit 70,0 %, die saarländische Landesregierung mit 27,5 % und die ARBED mit 2,5 %. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens bestanden umfangreiche Bürgschaften der Bundesrepublik Deutschland sowie des Saarlandes.
Das Unternehmen fuhr 1993 täglich einen Verlust von rund 1 Mio. DM ein, weshalb sich die Unternehmensführung unter Roland de Bonneville und Guy Dollé entschloss, ein Konkursverfahren eröffnen zu lassen. Die Eröffnung des Verfahrens fand am 31. Juli 1993 statt.
Bis 2001 dauerte das Konkursverfahren an, seitdem ist die Saarstahl AG wieder unter eigener Verantwortung aktiv. Im Zuge des Konkursverfahrens kam es wiederum zu Wechseln in der Eigentümerstruktur. Im Rahmen der sog. »Hüttenlösung«, mit der für die beiden verbleibenden Saarhütten (neben der Saarstahl AG noch die Dillinger Hütte) eine regionale Eigentümerstruktur unter dem Dach der ›SHS – Stahl-Holding-Saar GmbH & Co. KGaA‹ die heutigen Besitzverhältnisse entstanden.
Im Saarland befinden sich drei Standorte der Saarstahl AG:
· Völklingen
· Saarbrücken-Burbach
· Neunkirchen
Hinzu kommen mehrere Standorte diverser Tochtergesellschaften. Hierzu zählen z.B. …
Die Saarschmiede GmbH in Völklingen schmiedet wesentliche Komponenten für den Kraftwerksbau und die Luft- und Raumfahrtindustrie. Bekannte Halbzeuge sind die Boosterringe für die Ariane 5 Rakete.
450 Millionen € waren im Jahre 2010 in neue Anlagen investiert worden, um die Saarschmiede noch stärker auf den Energiemaschinenbau auszurichten. Durch die Katastrophe in Fukushima und die nachfolgende Energiewende geriet das Unternehmen jedoch massiv unter Druck. Ende 2017 wurde die Schmiede verkleinert und die Belegschaft um rund 400 Mitarbeiter sozialverträglich halbiert.
Quellen: industrie.lu; de.wikipedia.org; voelklinger-huette.org; saarstahl.de; dillinger.de; saarschmiede.com